Genf, Lübeck, Barschel – und das Haar

Seit 1988 war den Genfer Ermittlungsbehörden im Todesfall Uwe Barschel bekannt, dass auf seinem Bett im Hotel Beau-Rivage ein fremdes Haar lag. Von Barschel stammte es nicht, das stand fest. 1995 holten 2 Kriminalbeamte die Asservate zur Lübecker Staatsanwaltschaft, auch das Haar. Auch dort dazu keine weiteren Ermittlungen. Es bedurfte der Arbeit von Journalisten, die Existenz des Haares 2011 bekannt zu machen. Eine DNA-Untersuchung hätte Klarheit bringen können, ob es dem Zimmermädchen oder einem Fremden gehört hatte. Doch das war nicht mehr möglich – das Haar war inzwischen in Lübeck verschwunden. Man glaubt kaum, was im Fall Barschel alles möglich war.

Vor 33 Jahren begann das Drama in Genf

Heute vor 33 Jahren flog Uwe Barschel von seinem Urlaubsort Gran Canaria nach Genf, um Robert Roloff zu treffen. Ein Informant unter falschem Namen. 24 Stunden später wurde Barschel tot im Zimmer 317 des Hotels Beau-Rivage gefunden. Mit welchem Auto fuhr er vom Flughafen in Genf ab? Die Polizei fand – trotz Überprüfung aller Taxis – keinen Taxifahrer, der sich an ihn erinnern konnte. Aß er zu Abend? Essensreste wurden im Magen identifiziert, aber es wurde nicht festgestellt, wann er die Speisen gegessen hatte. Wer hinterließ das (wichtige) Haar, das später mysteriös verschand? Woher kam nachts um 4 Uhr das Poltern im Hotel, das sogar die Portiers aufschreckte? Wie kam es, dass am Sonntag die Schilder rot und grün an der Zimmertür vertauscht wurden? Warum war das Zimmer nicht verschlossen?

Erinnerung an Dr. Uwe Barschel

Vor 32 Jahren starb Dr. Uwe Barschel im Hotel „Beau Rivage“, schleswig-holsteinischer Ministerpräsident von 1982 – 87. Er war auf dem Weg von Gran Canaria nach Kiel in Genf, um sich mit einem Informanten zu treffen, von dem er sich Entlastung erhoffte. In Kiel sollte er vor dem Untersuchungsausschuss aussagen, der die Affäre mit den erheblichen Beschuldigungen gegen Staatskanzlei-Referent Pfeiffer und ihn untersuchen sollte. Barschel hat neben der Tagesarbeit politisch weitsichtig agiert, Stichworte sind u.a.: Nationalpark Wattenmeer, Aufforstungen, Stärkung des Umweltschutzes, Schleswig-Holstein-Musikfestival, Initiativen für Arbeitsplätze, Öffnung für private Medien (RSH), Beginn der Beziehungen zu China.

AFFÄREN-PFEIFFER war nicht in Geldnot

Reiner Pfeiffer, Hauptschurke und Täter in der Affäre von 1987, gab aus der Staatskanzlei Aktionen gegen den damaligen Oppositionsführer Björn Engholm (SPD) in Auftrag. Einen Sinn machte das eigentlich nicht. Pünktlich zur Landtagswahl am 13. Sept. 1987 wurde alles bekannt – Ministerpräsident Uwe Barschel trat wenig später zurück. Am 11. Okt. 1987 starb er in Genf, wo er den Informanten Roloff treffen wollte. Zu dieser Zeit sickerte durch, dass Pfeiffer sich schon im Sommer 1987 mit Engholm-Sprecher Nilius 3x getroffen hatte. 1988 / 89 bekam Pfeiffer von Nilius bei 2 Geheim-Treffen auf einer Autobahnraststätte rd. 40.000 Mark. Der Geldsammler, Ex-SPD-Chef und Minister Günter Jansen, will das aus sozialer Verantwortung getan haben. Vor einiger Zeit konnte ich mir ein Bild von Pfeiffers damaliger Finanzlage machen. Nein, der Mann hatte keine Finanznot, er war nicht bedürftig. Eines der spannenden Kapitel der Affäre von 1987, über die die JU und ich diskutiert haben.

Barschel: Seine Verdienste für das Land bleiben

NDR 2 hat eine einstündige Sondersendung zu Uwe Barschel und zur Affäre gemacht. Ich wurde zu den Verdiensten des früheren Ministerpräsidenten (1982 – 1987) gefragt. Mit seinem Namen verbindet sich u.a. das 1986 gestartete jährliche Schleswig-Holstein-Musikfestival, der Nationalpark Wattenmeer, der Ausgleich von Wirtschaft und Umwelt (seinerzeit durchaus keine Selbstverständlichkeit), eine offensive Arbeitsmarktpolitik für mehr Arbeitsplätze, soziale Akzente, die Zulassung privater Rundfunkanbieter (z.B. R.SH), eine präsente Polizei, eine solide Schulpolitik. Seine Verdienste für das Land bleiben.

Barschel-Affäre: Über das Wissen der SPD wird gesprochen

Mit dem Film „Die Staatskanzlei“ fand Heinrich Breloer 1991 viel Aufmerksamkeit. Er zeichnete damals das Bild der Affäre von 1987, wie es sich ihm und vielen Menschen zeigte. Gestern hat er sich bemerkenswert im Schleswig-Holstein-Magazin geäußert: Engholm habe gelogen, Engholm sei kein Opfer gewesen. Stimmt. 1991 war noch verdrängt worden, was 1993 auch bei der SPD nicht mehr zu leugnen war: Engholm (wie auch SPD-Chef Jansen und Pressesprecher Nilius) hatten 1987 nicht die Wahrheit gesagt. Und Pfeiffer erhielt auch noch 40.000 Mark. Aus der Schublade …
P.S.: Bedürftig war Pfeiffer damals übrigens nicht.

Barschel-Affäre: Die Aufklärung muss weitergehen

Vieles von dem, was 1987 die öffentliche Meinung und viele Berichte zur Affäre prägte, sieht inzwischen anders aus. Nach Uwe Barschels Tod gab es schlampige Ermittlungen. Tatsächlich: Blutergüsse, Betäubungsmittel, Zufuhr eines todbringenden Medikamentes, Schleifspuren, fremde DNA, Geheimdienste in Genf. Bei der Staatsanwaltschaft Lübeck kommt ein wichtiges Beweismittel abhanden – das fremde Haar von Barschels Bett im „Beau-Rivage“. In 30 Jahren ist schon viel bekannt geworden, was wohl nicht bekannt werden sollte. Die Aufklärung muss weitergehen. Dann wird es auch weitere Klarheit geben.

Barschel-Absturz 1987: Gab es Feuer an Bord der Cessna?

Es ist der 31. Mai 1987, 23:01 Uhr. Die Cessna mit Ministerpräsident Uwe Barschel an Bord nimmt Kurs Richtung Flughafen Lübeck-Blankensee. Das Wetter ist nicht optimal, aber doch so, dass ein erfahrener Pilot auf der 2,1 Kilometer langen Landebahn gut landen kann. Und dieser verfügt nicht nur über mehr als 4400 Flugstunden, er ist auch schon häufiger dort geflogen. „Dim the light“, sind seine letzten Worte und ein Dankeschön, als dies erfolgt. Dann streift die Maschine einen Funkmast, der sie eigentlich zur Landung führen soll. Sie kommt noch über die zwischen Mast und Landesbahn führende Straße, stürzt dann aber zu Boden. Barschel überlebt, weil er mitten im Flugzeug „wie auf einer Waage“ gesessen hat. Wissen wir nach 30 Jahren schon alles über den Absturz?