„Die Fraktion DIE LINKE will die Beteiligung von Senioren stärken, in dem durch ein Gesetz an verschiedenen politischen Schnittstellen Seniorenbeiräte errichtet werden. Diesen soll in der Hauptsache eine empfehlende und beratende Funktion zukommen. Wer so einen Gesetzentwurf vorlegt, muss der Auffassung sein, dass ein Defizit besteht. Er muss der Auffassung sein, dass ältere Menschen zu wenig Chancen haben, ihren Interessen Gehör zu verschaffen. Ich will Ihnen darlegen, dass dies in Schleswig-Holstein nicht der Fall ist.Fangen wir bei uns im Parlament an: Nach der Definition des vorliegenden Gesetzentwurfs sind Senioren Menschen ab 60. Unter uns Abgeordneten befinden sich 10 Kollegen, die dieses Alter mit ihrem Geburtstag im nächsten Jahr erreichen werden. Weitere 13 Kollegen sind unter uns, die bereits über 60 sind. Der Landtag ist auch insoweit ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft.
Seit 1989 findet hier jährlich ein Altenparlament statt. Es ist geübter Brauch, dass die Fraktionen die Beschlüsse des Altenparlaments nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Jeder kann zudem die Landtagsfraktionen anschreiben oder den Abgeordneten seines Vertrauens. Der Petitionsausschuss kann angerufen werden. Beim Landtag gibt es eine Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten. In den Ausschüssen werden Seniorenverbände gehört. Auch auf die politischen Parteien kann zugegangen werden. Die CDU hat sogar eine Seniorenunion. Und auch die Regierung kann man mit seinen Anliegen anschreiben.
Im kommunalen Bereich ist es nicht anders. Die Schleswig-Holsteinische Gemeindeordnung sieht bereits heute in § 47d vor, dass jede Gemeinde für gesellschaftlich bedeutsame Gruppen durch Satzung einen besonderen Beirat einrichten kann. Das können auch Seniorenbeiräte sein – wenn dies vor Ort von einer demokratischen Mehrheit gewünscht ist. Das, was die Links-Fraktion also für alle zur Pflicht machen möchte, existiert schon heute auf freiwilliger Basis. Und das ist der Unterschied zwischen den Auffassungen: Sie möchten im Land neue Strukturen aufbauen und die Entscheidungsfreiheit darüber vor Ort abschaffen. Wir möchten, dass es vor Ort bei möglichst viel Entscheidungsfreiheit bleibt.
Wer einmal die Sitzungen von verschiedenen Gemeindevertretungen besucht hat, der weiß, dass es um die Altersstruktur dort häufig nicht anders steht, als hier im Landtag. Und selbst, wenn dort nur junge Gemeindevertreter säßen: Ich finde es ist schon ein sehr eigenes Bild vom Menschen, wenn man meint, dass die ehrenamtlichen Entscheidungsträger die Sorgen und Nöte der Eltern und Großeltern nicht sehen würden. Man muss auch Vertrauen in die Menschen haben.
Die Probleme in diesem Land werden nicht dadurch besser, dass man neue Gremien schafft, die – wenn es drauf ankommt – noch nicht einmal etwas durchsetzen können. Man nährt mit so etwas auch falsche Erwartungen, Hoffnungen oder Enttäuschungen. Die Beteiligung der Bürger ist ein sehr hohes Gut. Aber es entspricht heute auch einem gewissen Zeitgeist, zu vergessen, dass die zeitaufwändigste und anspruchvollste Form der Bürgerbeteiligung in der Wahrnehmung des passiven Wahlrechts besteht.
Die Türen zur Übernahme von Ehrenämtern stehen offen und auch im Kleinen kann Viel bewegt werden. Dabei sind es nicht einmal die älteren Menschen, bei denen wir Nachwuchsprobleme für das kontinuierliche und verantwortungsvolle Engagement haben – es ist die junge Generation, die wir vorallem begeistern müssen. Der vorliegende Gesetzentwurf verschiebt auch insoweit die Interessenvertretung für alle Bürger einseitig auf nur einen Bereich. Und mit welcher Begründung will man denn die anderen gesellschaftlichen Gruppen vom Privileg eines eigenen Beirats ausschließen? Die Idee mit den Seniorenbeiräten mag gut gemeint sein. Aber wir sollten uns auf das wirklich Notwendige beschränken.“