Es sollte niemand von sich behaupten, er habe die Transparenz neu erfunden und bringe sie jetzt nach Schleswig-Holstein. Verhaltensregeln und Veröffentlichungen für Abgeordnete des Landtags gibt es mindestens seit den 80er Jahren. Und es gibt sie für die Landesregierung. Und auch im Internet.
Wer wissen möchte, welchen Beruf ein Abgeordneter hat oder welcher Nebentätigkeit er nachgeht, kann dies auf der Landtags-Homepage nachsehen. Und damit nicht so getan werden kann, als wäre es anders, nenne ich jetzt die Drucksache 17/950, in der das Relevante auf 40 Seiten für jedermann zugänglich steht. Auch neue oder geänderte Angaben werden in das Internet eingestellt. Die letzte Aktualisierung ist vom vergangenen August, Drucksache 17/1677. Rechtsgrundlage hiefür sind die bestehenden Regelungen. Wer hier was beruflich tut oder früher getan hat, ist kein Geheimnis in diesem Land. Veröffentlicht werden Angaben zu sieben verschiedenen Kategorien. Darunter Aufsichtsratstätigkeiten, relevante Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Gutachtertätigkeiten, oder die Mitgliedschaften in Interessenverbänden.
Auch die Tätigkeiten und Nebentätigkeiten der Mitglieder der Landesregierung kann man einsehen. Entweder, man stellt wie Frau Kollegin Heinold in der vergangenen Legislaturperiode eine Kleine Anfrage dazu – ich nenne die Drucksache 16/1531. Oder man schaut ebenfalls ins Internet – und dort aber am Besten zuerst einmal in die Landesverfassung. Für die Mitglieder der Landesregierung gilt Art. 34, die Inkompatibilität: „Die Mitglieder der Landesregierung dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben; sie dürfen weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Landtages dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.“ Die Verfassung verbietet Nebentätigkeiten und stellt Ausnahmen unter den Zustimmungsvorbehalt des Parlaments. Das ist mehr als nur ein öffentlicher Vorgang. Und auch dies ist auch im Internet nachvollziehbar: Die Drucksachen 17/16 oder 17/30 kann man sich dazu ansehen. Aber das wird einfach ignoriert, wenn der Gesetzentwurf Drucksache 17/402 fordert, dass Mitglieder der Landesregierung entgeltliche Tätigkeiten anzuzeigen und zu veröffentlichen haben und wenn dies dann als die neue Transparenz verkauft wird.
Wenn es in der Landesregierung Vergütungen für Aufsichtsratstätigkeiten gibt, gilt § 10 Abs. 2 Satz 1 der Nebentätigkeitsverordnung. Danach sind Vergütungen abzurechnen und abzuliefern, sobald sie den Betrag von 5.550 Euro übersteigen. Wer dagegen verstößt muss mit strafrechtlichen Konsequenzen und der medialen Wirklichkeit rechnen. Und auch die parlamentarische Kontrolle kann dies bei Bedarf jederzeit nachvollziehen.
Ich gehe noch einmal auf den Antrag der Oppositionsfraktionen zu den Verhaltensregeln ein, Drucksache 17/403. Hier wurde nicht die Transparenz neu erfunden, sondern es wurden einfach die Verhaltensregeln des Deutschen Bundestags abgeschrieben. Das Wort „Bund“ wurde im Text durch das Wort „Land“ ersetzt, und zum Teil aber leider vergessen. Auf diesen Fehler in § 2 Abs. 1 wurde in der Plenardebatte vom 18. März 2010 hingewiesen. Und nach nunmehr zwei Jahren haben sie es bis heute nicht geschafft, diesen Fehler in der Vorlage auch in § 2 Abs. 3 zu korrigieren. Es ist sicher nicht die Aufgabe der Koalition, der Opposition die Fehlerkorrektur abzunehmen, damit überhaupt erst einmal vernünftige Vorlagen auf dem Tisch liegen. Wer sich die Mühe macht, die abgeschriebenen Verhaltensregeln des Bundes neben die des Landtags zu stellen, der kann schnell feststellen, dass es zu über 90 % identische Regelungsgehalte sind – auf einen wesentlichen Unterschied gehe ich gleich noch ein. Aber es ist erst einmal diese Vorgehensweise, die hier Beachtung finden sollte. Mit einem 9-seitigen Antrag geht die Opposition in die parlamentarische Beratung, reklamiert für sich die neue Transparenz, und legt in der Substanz gar keine eigene oder neue Idee vor. Ganz abgesehen davon, dass alle Vorschläge nahezu Wortgleich schon in der 16. Legislaturperiode von den Grünen vorgelegt wurden.
Ein Punkt, der aber Beachtung finden sollte, ist das Stufenmodell des Deutschen Bundestags für Nebeneinkünfte, das hier für den Landtag vorgeschlagen wird. Ich glaube, das war ein Versuch des Bundestags, die Dinge zu verbessern. Aber er war hoch umstritten und richtig gelungen ist er auch nicht. Wenn man sich die Internetseite des Bundestags ansieht und über einen Abgeordneten liest, dass er bei den Nebeneinkünften in den anonymisierten Stufen 1, 2 oder 3 steht, dann besagt das wenig und ist auch kein besonderer Fortschritt. Und es ist der Opposition auch nicht gelungen, einen kreativen oder besseren Vorschlag zu machen, der das öffentliche Informationsinteresse und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung besser mit einander vereinbaren kann. Man ist deshalb als Abgeordneter nicht automatisch gegen Transparenz, wenn man diese wenig ergiebigen Vorschläge ablehnt.
Ich verweise auf das, was ich schon in meiner Rede am 18. März 2010 zur Sache gesagt habe: Schwarze Schafe [oder ein schwarzes Schaf oder einmal ein rotes oder grünes] kann es überall geben. Aber deswegen darf man nicht alle, um die es geht, unter einen Generalverdacht stellen.