Aufenthaltsrechtliche Verfahren können mitunter viele Jahre dauern. Die Klärung, ob Flüchtlingen – zu Recht – Asyl oder ein anderes Aufenthaltsrecht gewährt werden kann, ist oftmals ein hochkomplexer Vorgang. Auch wenn solche Rechte nicht zuerkannt werden, kann sich am Ende noch die Folgefrage ergeben, ob eine Rückreise in das Heimatland anzuordnen ist, wenn dort mittlerweile oder noch Krieg, Bürgerkrieg oder humanitäre Katastrophen herrschen.In der Realität gibt es Fälle, in denen die Betroffenen samt Familien unverschuldet über lange Dauer nicht wissen, wie es für sie weitergeht. Nicht zu verschweigen ist zugleich, dass es auch Missbrauch gibt. Was aber ist mit den ersteren Fällen? Was, wenn Menschen über viele Jahre in Deutschland gelebt haben, Deutsch gelernt haben, die Kinder hier aufgewachsen sind, Schulen besucht haben oder Sportvereine, Freundschaften und gute Nachbarschaften entstanden sind – und am Ende die Entscheidung lautet, sie müssen gehen? Der Fall „Tigran“ machte in der Sommerzeit Schlagzeilen.
Welche Haltung zeigt der Staat und wie geht er mit betroffenen Menschen um? Die Beantwortung dieser ethischen Grundsatzfrage wird hier unmittelbar praktisch.
Die Landtags-Fraktionen von CDU und FDP sind sich einig, dass in Härtefällen Handlungsbedarf besteht. Sie haben sich auf eine Bundesratsinitiative zum Aufenthaltsrecht verständigt, wonach ein Bleiberecht unter bestimmten Voraussetzungen angeboten werden kann.
Für die CDU war und ist es wichtig, dass nicht allein der lange Aufenthalt automatisch zu einem dauerhaften Bleiberecht führt. Und: eine bloße Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme darf es nicht geben. Die Forderung nach Integration ist keine Einbahnstraße. Sie richtet sich nicht allein an die aufnehmende Gesellschaft. Wer dauerhaft hier leben will, muss dies auch deutlich machen und zeigen.
Die Integrationskriterien, nach denen im Einzelfall ein Aufenthaltsrecht in Betracht kommen kann, lauten unter anderem:
- ein Aufenthalt in Deutschland von mindestens acht Jahren – oder sechs Jahren, falls der Begünstigte mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt,
- keine Straffälligkeit während dieser Zeit,
- die ordnungsgemäße Erfüllung aller Mitwirkungspflichten am aufenthaltsrechtlichen Verfahren,
- hinreichende deutsche Sprachkenntnisse als Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft (entsprechend der Stufe A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen),
- die Sicherung des Lebensunterhalts durch Erwerbstätigkeit,
- das Bekenntnis zu Demokratie und bundesdeutscher Gesellschaft als gemeinsame Grundlage des Miteinanders,
- die Partizipation am sozialen Leben durch bürgerschaftliche Aktivitäten sowie die
- aktive Unterstützung der schulischen Integration der Kinder und Jugendlichen durch die Eltern.
Zu einer entsprechenden Bundesratsinitiative werden die Fraktionen von CDU und FDP die Landesregierung in der kommenden Plenartagung auffordern (Umdruck 17/2811).