„Auf einem Schiff, was dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt. Und das bin ich“, so der Guido Westerwelle zu Zeiten, als er sich stark wähnte und es wohl auch war. Seine Parteifreunde kuschten. Westerwelle hatte die FDP zum ersehnten Wahlerfolg geführt – und das zählt. Da kann man Politik „machen“, zum Beispiel Mehrwertsteuersatz-Senkungen durchsetzen, Posten besetzen und manche Träume erfüllen.
2009 war schwarz-gelb auch von Bürgern erwünscht, die nicht unbedingt zum schwarz-gelben Fanclub gehörten. Viel Vertrauen begleitete den Start. Schon bald kamen aber Fragen, dann Enttäuschungen, bis zu hin zu Zweifeln. An dieser Entwicklung hat die FDP einen erheblichen Anteil. Art und Weise des Auftretens – besonders augenfällig bei Westerwelle – beflügelten die Stimmung.
Steuern sollten gesenkt, das Gesundheitssystem umgebaut und effektiver werden. Die Bilanz 2011 ist bekannt. Vor einigen Wochen erhielten wir die Mitteilung von den Krankenkassen, wie stark sich der Beitragssatz erhöht hat.
Westerwelle muss gehen – die entscheidenden Strippen wurden in den Tagen gezogen, in denen er in China und Japan war. Und jene, die vor allem zu seinem Sturz beitrugen, loben ihn jetzt besonders. Gestern war zu hören, Westerwelle werde einer der „grossen Aussenminister“ werden. Morgen reicht es vielleicht nicht einmal mehr, Vize-Kanzler zu bleiben.
Über „Manager und Moral“ müsse die FDP mehr sprechen, auch müsse der Stellenwert sozialer Themen höher werden, war weiter aus FDP-Führungskreisen zu hören. So schnell vergessen die Wähler nicht. Sie werden weiter erinnern, wer welche Themen nicht wollte.
Der Zeitgeist ist grün, so Ulrich Reitz gestern im ARD-„Presseclub“. Das mag so sein. Wenn dem so ist, ist er es vor allem auch, weil die Grünen von Fehlern anderer Parteien profitieren und lernen. Die SPD erfährt dies seit Jahren besonders schmerzlich. Und so macht die FDP sich natürlich auch ihre Sorgen, wieviele Prozente auf Dauer für sie noch übrigbleiben.
Zunächst wird es bei den FDP aber so kommen, wie es meist kommt. Man ziert sich etwas, einigt sich auf einen Kandidaten, präsentiert neue Gesichter und neue Schlagworte. Bis zur nächsten Krise.